Wie kann das riesige Braunkohlefeld in der Region Usti für die Produktion von Grünem Wasserstoff genutzt werden, wenn 2024 der Braunkohleabbau endet? Der Plan ist: ein bis zu 480 MW-Solarpark mit schwimmenden Solarzellen auf der dann gefluteten Industriebranche. Das war nur eine der vielen Fragen, denen ich bei einem zweitägigen Besuch in der Tschechischen Republik nachgegangen bin. Anlass meiner Reise war die Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie durch die Tschechische Regierung im Sommer letzten Jahres. Die Deutsche Botschaft hat ein sehr intensives Programm zusammengestellt, das mich unter anderem mit dem Tschechische Wasserstoffbeauftragten, Petr Mervart, dem zuständigen Staatssekretär im Klimaschutzministerium, sowie zahlreichen Vertretern der Wasserstoffwirtschaft zusammengeführt hat. Unter anderem konnte ich auch die beiden Tschechischen IPCEI-Projekte, die Fertigung von H2-Überlandbussen durch IVECO BUS sowie ein künftiges Netz von Wasserstoff-Tankstellen von ORLEN Unipetrol kennen lernen. Aufgrund der wirtschaftlich engen Verflechtung der Tschechischen Republik mit Deutschland gibt es naturgemäß sehr viele Anknüpfungspunkte für grenzüberschreitende Kooperationen. Wir waren uns einig, dass relativ schnell mit Leuchtturmprojekten im Bereich der grenzüberschreitenden Mobilität, beispielsweise H2-Bussen oder -Zügen, begonnen werden sollte. Im übrigen hat die Tschechische Republik ähnlich wie Süddeutschland und Österreich auch nur geringe Kapazitäten an Erneuerbaren Energien, um Grünen Wasserstoff herzustellen. Deshalb waren Fragen der Infrastruktur zum Import von Grünem Wasserstoff, bspw. aus der Ukraine oder über eine Nord-Süd-Pipeline von Rostock über Ostdeutschland kommend Gegenstand unserer Diskussionen. Dazu bin ich u.a. mit CEO Andreas Rau von NET4GAS, dem tschechischen Gasnetzbetreiber, und Experten des Energieversorgers ČEZ zusammen getroffen. Außerdem habe ich das Hydrogen Valley in der Region Usti an der sächsischen Grenze besucht. Dort wurden gerade 20 H2-Busse von Solaris Bus & Coach für den städtischen ÖPNV bestellt; eine H2-Tankstelle ist schon geplant. Sehr positiv überrascht war ich auch über die starken Forschungsaktivitäten. Davon konnte ich mich bei Besuchen an der Prager Universität für Chemie und Technologie – University of Chemistry and Technology in Prague (UCT Prague), der Jan Evangelista Purkyně University in Ústí nad Labem Universität und dem Forschungszentrum UJV Řež, a. s. (Nuclear Research Institute Rez plc) überzeugen. Besonders gefreut hat mich das Wiedersehen mit Vladimir Matolin von der Firma LEANCAT s.r.o. Die Firma wurde im letzten Jahr bei der f-cell (dieses Jahr: f-cell – October 4+5, 2022 Messe Stuttgart) mit dem Innovationspreis ausgezeichnet. Fazit: viele Herausforderungen, aber auch viele Chancen für Kooperationen! Und vor allem viele extrem engagierte Akteurinnen und Akteure!